25. February 2025

Erfolgreiche Fundraiser berichten

Wer am Ball bleibt, gewinnt

Die Fundraising-Situation für Venture Capitalund Private Equity-Fonds in der DACH-Region bleibt herausfordernd. Wirtschaftliche Unsicherheit und eine restriktive Zinspolitik sorgen für Zurückhaltung bei Investoren. Doch auch in schwierigeren Zeiten gibt es Teams, die erfolgreich neue Fonds an den Start bringen.

Die EZB hat im Januar die Zinsen gesenkt, doch die Fed hält sich noch bedeckt. Und auch wenn die USNotenbank nachzieht, dürften sich positive Effekte auf den Beteiligungsmarkt verzögern. „Zinssenkungen führen häufig erst einmal zu Verwerfungen bei institutionellen Investoren, die insbesondere ihren Fixed Income- Bereich neu bewerten müssen“, so Christian Schatz, Partner bei Flick Gocke Schaumburg in München. Er berät Venture Capitalund Private Equity-Investoren bei Fundraising und Transaktionen und ist Beirat im Bundesverband Beteiligungskapital. Auch der Immobiliensektor bleibt unter Druck. Institutionelle Investoren und Family Offices, die hier typischerweise engagiert sind, müssen Risiken und Verluste managen. „Viele Investoren agieren aktuell sehr vorsichtig“, so Schatz. Die allgemeine Zurückhaltung werde dieses Jahr anhalten. Private Equity-Fonds seien aufgrund stabilerer Rückflüsse weniger betroffen als Wagniskapitalfonds, die mehr Herausforderungen begegnen dürften. „Es gibt vielversprechende Möglichkeiten für Investitionen in innovative Unternehmen“, sagt Schatz, „wer den Zugang zu diesen vermitteln kann, setzt sich durch.“

PRIVATE EQUITY ZIEHT WIEDER AN
Für den Erfolg im aktuellen Marktumfeld sei es wichtig, die Fondsstrategie konsequent auf Chancen und profitable Exits auszurichten. Anbieter mit Fokus auf stark skalierbaren Geschäftsmodellen wie Fintech und Software für B2C- und B2B-Anwendungen seien im Vergleich zum Gesamtmarkt überproportional gewachsen. Schwieriger liefen dagegen Branchen und Technologien, die sehr kapitalintensiv sind und sich typischerweise erst über lange Zeiträume realisieren, wie etwa Life Sciences. „Alles, was einen längeren Horizont erfordert, ist aktuell schwer vermarktbar“, so Schatz. Robert Massing, Vorstand der Münchner Solutio AG, hat im Dezember erfolgreich seinen dritten Private Debt Secondary-Fonds mit einem Volumen von über 500 Mio. EUR geschlossen. „Nachdem Private Equity in den Jahren2023 und 2024 eher verhalten gelaufen war, ist die Investitionsbereitschaft seit Ende letzten Jahres deutlich gestiegen“, beobachtet Massing. „Für alle Assetklassen, von Private Equity über Private Debt bis hin zu Infrastruktur, stellen Anleger 2025 wieder mehr Allokationen bereit.“ Zudem gebe es positive Signale aus dem M&A-Markt, was die Exit-Aussichten für Private Equity-Fonds verbessere. Bereits im ersten Quartal zeichneten sich mehr Transaktionen und Ausschüttungen ab, was auf eine stabilere Marktentwicklung hindeute.

STRUKTURELLE PROBLEME BREMSEN WAGNISKAPITAL
Auch staatliche Förderinstrumente wie der EIF und der KfW-Zukunftsfonds sind auf privates Kapital angewiesen. Ohne private Investoren blieben die Hebeleffekte staatlichen Kapitals begrenzt. Der Markt leide unter strukturellen Problemen, welche die Entwicklung der Venture Capital- und Private Equity-Landschaft in Deutschland ausbremsten, so Schatz: „Mit dem Scheitern der steuerlichen Punkte der WIN-Initiative, die Wagniskapitalinvestitionen in Deutschland erleichtern sollte, haben wir eine große Chance verpasst.“ Die mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz II geplanten Änderungen des Investmentsteuergesetzes, etwa die Ermöglichung von Private Equity- und Venture Capital-Fonds, hätten Signalwirkung haben können, sagt Schatz: „Das hätte nicht nur den Venture Capital-Markt, sondern zum Beispiel auch den Zukunftsfonds der KfW gestärkt.“ Der verpasste Impuls habe gravierende Konsequenzen für den Technologiestandort. Der deutsche Markt könne international ins Hintertreffen geraten. „Es gibt derzeit keine greifbaren Fortschritte“, so Schatz. Das schüre Unsicherheit, besonders bei internationalen Investoren, die dann lieber in anderen Ländern investierten. Es gehe hier nicht um Subventionen, sondern nur darum, den jahrelangen steuerlichen Status quo zu erhalten: „Wenn wir nicht einmal das schaffen, brauchen wir uns nicht zu wundern.“

ERFOLGREICHE CLOSINGS MIT EUROPAFOKUS
Carsten Maschmeyers Venture-Fonds Alstin Capital in München hat unter den erschwerten Bedingungen erfolgreich den dritten Fonds geclost. Alstin investiert in B2B-Software in Feldern wie Fintech, Insurtech, Cybersecurity und Climatetech. Die Investoren im Fonds III sind ausschließlich Banken, Versicherungen, Stiftungen, Family Offices und vermögende Einzelpersonen. Auch Alexander Meyer-Scharenberg, Principal bei Alstin, beobachtet, dass der Blick auf den deutschen Markt von einer pessimistischen Grundhaltung geprägt ist. Nachdem die ersten beiden Fonds nur in der DACH-Region investiert hatten, wurde der Fokus nun um opportunistische Investments in Europa erweitert. „Wir stellten schnell fest, dass ein reiner DACH-Fokus im aktuellen Marktumfeld eine Hürde gewesen wäre“, so Meyer-Scharenberg. Viele Investoren, insbesondere Unternehmer und Family Offices, sähen Deutschland derzeit sehr kritisch und hätten wenig Interesse an national ausgerichteten Strategien. Zwar lasse sich argumentieren, dass erfolgreiche Start-ups schnell internationalisieren, doch die Skepsis seitens der Investoren bleibe bestehen. „Was wir ursprünglich als Option geplant hatten, entsprach de facto der Markterwartung“, so Meyer-Scharenberg. „Wir haben uns dann internationaler aufgestellt, sowohl in der Investmentstrategie als auch im Team.“ Auch Cherry Ventures aus Berlin setzt konsequent auf eine europäische Strategie. Anfang Februar schloss das Team den fünften Fonds mit einem Volumen von 500 Mio. EUR. „Cherry V wurde erneut von einigen der renommiertesten LPs weltweit deutlich überzeichnet“, sagt Alexander Langholz-Baikousis, CFO & Operating Partner von Cherry. Mit den Investoren teile man die Vision, die ehrgeizigsten Gründer Europas zu finanzieren. „Unsere Kapitalgeber kennen die immensen Möglichkeiten, die ihnen die Talente, die Forschung und die Erfahrung in Europa bieten, und sie vertrauen auf die Fähigkeit von Cherry, Gründer zu unterstützen, die weltverändernde Technologien und Produkte mit globaler Wirkung entwickeln.“

AUSSCHÜTTUNGEN UND USP
Ein entscheidender Erfolgsfaktor waren bei Alstin sehr frühe Rückausschüttungen auf das eingezahlte Kapital. „Damit konnten wir bereits im Fundraising zeigen, dass wir nicht nur Buchwerte haben, sondern Exits realisieren“, so Meyer-Scharenberg. Frühzeitige Liquiditätsrückflüsse stärkten das Vertrauen der Bestandsinvestoren, die das ausgezahlte Kapital wieder in den Fonds investieren können. Auch sei es wichtig, sich gegenüber anderen Fonds zu differenzieren. „Mit unserem Sales Support zum Beispiel helfen wir Portfolio unternehmen, ihren Vertrieb zu professionalisieren, und auch beim Fundraising rücken wir das Thema stark in den Fokus“, erklärt er. Die Logik ist überzeugend: Mehr Verkäufe führen zu höheren Umsätzen, und diese wiederum führen zu höheren Bewertungsmultiples. „Mit unserem spezialisierten Support- Team und Carsten Maschmeyer als Managing Director vertreten wir das Thema Vertrieb sehr authentisch und haben damit im Markt ein echtes Alleinstellungsmerkmal.“ Statt mit einem generischen Venture Capital-Fonds zu starten, sollten Teams sich über die Stärken und den USP ihres Fonds bewusst werden und diese in den Vordergrund rücken.

RELATIONSHIP BUILDING UND PERSÖNLICHE MEETINGS
„Ein kritischer Punkt ist Relationship Building im Vorfeld eines Fundraisings“, sagt Meyer-Scharenberg. „Wir müssen das tun, was wir unseren Start-ups predigen.“ Es gehe darum, langfristige Beziehungen zu potenziellen LPs frühzeitig aufzubauen und einen Investor nicht erst dann zu kontaktieren, wenn man Geld einsammele. Zudem ist Fundraising immer auch harte Arbeit. „Wir haben die Ärmel hochgekrempelt, mit unserem Team bis zu drei persönliche LP-Meetings pro Tag absolviert und dafür sehr positives Feedback bekommen“, so der Investor. Vom Fundraising per Videocall, das in der Pandemie bei vielen Fonds gang und gäbe war, könne sich der Markt wieder verabschieden. Das Team verzichtet zudem auf die Zusammenarbeit mit Vermittlern oder Dienstleistern im Investoren-Onboarding. „Wenn potenzielle Investoren nicht gleich das verantwortliche Managementteam kennenlernen oder dann im Signing-Prozess in einer anonymen Hotline landen, ist das eine schlechte Client Experience“, sagt Meyer-Scharenberg. „So ein Standardprozess funktioniert vielleicht bei einer Versicherung, aber nicht, wenn man ein Family Office für ein Investment in seinem Venture Capital-Fonds gewinnen möchte.“ Alstin hat stets ein Teammitglied, um sich um das Onboarding zu kümmern und Investoren durch den Zeichnungsprozess zu führen. „Es mag Fonds geben, die solche Tätigkeit outsourcen – doch für uns ist das keine Option“, so Meyer-Scharenberg.

MEHR ERFOLG, MEHR ARBEIT
Als Herausforderung erwies sich die Anhebung des Zielvolumens von zunächst )100Mio. auf schließlich 175 Mio. EUR. „Investoren, die bereits zu Beginn des Fundraisings zugesagt haben, müssen erneut zu den Chancen informiert werden“, so Meyer-Scharenberg. Institutionelle Investoren haben typischerweise feste Allokationsund FTE-Quoten, und diese müssen bei einer Fondsvergrößerung entsprechend angepasst werden. Und auch Alstin selbst musste sich weiterentwickeln. „Um den erweiterten Fonds professionell zu managen, haben wir bereits im Fundraising zügig neue Mitarbeiter eingestellt“, erzählt Meyer-Scharenberg. „Erfolg bringt oft zusätzliche Arbeit mit – eine Aufgabe, die wir gerne angenommen haben.“

DIE MARKTFENSTER RICHTIG NUTZEN
Massing startet Ende des ersten Quartals mit dem Fundraising für den neuen Private Equity-Fonds. „Wir haben Interessenbekundungen von Bestandsinvestoren und von neuen Kapitalgebern, die erstmals investieren möchten“, so Massing. Der dritte Private Debt-Fonds von Solutio wurde erst im November 2024 geschlossen, doch der Markt zeige weiterhin großes Interesse. Die nächste Fondsgeneration startet voraussichtlich bereits Mitte 2025, sobald der Vorgänger weitgehend allokiert ist. Zudem plant Massing einen neuen Infrastrukturfonds mit Fokus auf Energy Transition. Das paneuropäische Portfolio soll 75% Solarenergie und 25% Batteriespeicher beinhalten. „Die Nachfrage nach Energy Transition Assets ist deutlich gestiegen, und die geplante Kombination passt dazu optimal“, so Massing. Bereits heute könne man 50% des geplanten Portfolios präsentieren: „Wir bieten hier keinen klassischen Blindpool, sondern hohe Planungssicherheit und Transparenz.“ Auch für Venture Capitalisten bietet die Marktdynamik viele Chancen. Meyer- Scharenberg sieht zum Beispiel Potenzial in regulierungsgetriebenen Sektoren. Neue regulatorische Anforderungen schaffen einerseits Probleme, eröffnen andererseits aber auch planbare Marktchancen: „Die Amerikaner erfinden es, die Europäer regulieren es – davon profitieren in unserem Portfolio Regtech-Unternehmen wie Usercentrics oder Retraced.“ Grundsätzlich bieten schwierige Zeiten immer auch neue Möglichkeiten. „Wenn Menschen aus Unternehmen ausscheiden und Insolvenzen steigen, sinken die Opportunitätskosten, zu gründen“, sagt Meyer-Scharenberg, „Krisenzeiten sind Zeiten der Chance.“ Die Herausforderung für Investoren bleibe, die richtigen Marktfenster zu identifizieren und diese gezielt zu nutzen. Wer das schafft, dürfte auch im Fundraising kein Problem haben.

Lukas Henseleit | redaktion@vc-magazin.de

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